Das Hendrik-Kraemer-Haus (HKH)

Wir verstehen uns als ein ökumenisches Projekt. Dabei meinen wir den Begriff „Ökumene“ in seiner ganzen Reichhaltigkeit und prophetischen Qualität. Die verfasste Ökumene, wie sie nach der Erfahrung von Faschismus und Krieg im Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) mit Sitz in Genf Gestalt angenommen hat, hat bei der Entstehungsgeschichte des Hauses Pate gestanden. Seine Begründerin, die niederländische Pastorin Bé Ruys, wurde 1949 vom ÖRK zur Versöhnungsarbeit nach Berlin entsandt. Die Verbindung mit dem ÖRK ist uns bis heute wichtig. Die Traditionen, aus denen sich die ökumenische Bewegung speist, weisen aber weit darüber hinaus. Sie haben zuerst und vor allem ihre Wurzeln in den Büchern der Bibel und in der jüdisch-christlichen Glaubensgeschichte. Sie nähren sich aber auch aus der reichen Erfahrungen des Widerstandes gegen unmenschliche gesellschaftliche Verhältnisse. Dabei ist uns das Erbe der proletarischen Befreiungsbewegung genauso wichtig sowie der lebendige Bezug auf die Emanzipationsbewegung der Frauen.

In den mehr als sechs Jahrzehnten seiner Existenz hat das Haus an dem Ringen darum teilgenommen, die ökumenischen Visionen der einen Kirche Jesu Christi und der einen Menschheit Wirklichkeit werden zu lassen. Wir sehen unsere Aufgabe darin, eine „ökumenische Herberge“ für Menschen und Ideen darzustellen. Dabei bewegt sich unsere Tätigkeit häufig auf der Grenze – der zwischen Ost und West, zwischen den Nationen, zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, zwischen Konfessionen und Religionen, zwischen Spiritualität und Weltlichkeit. Wir wollen offen sein für viele, ohne auf das parteiliche Eintreten für gesellschaftliche Alternativen zu verzichten.

Wir haben begriffen, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang gibt zwischen Ökumene und Ökonomie und Ökologie. Die gemeinsame Sprachwurzel dieser drei Schlüsselbegriffe betont zu Recht: Die Vision der in Frieden geeinten Menschheit ist auf gerechte Haushalterschaft ebenso angewiesen wie auf die Partnerschaft mit der natürlichen Lebenswelt.

Wir sehen den ökumenischen Gedanken nicht als einen Besitz der Kirchen an. Vielmehr suchen wir danach, wie wir in Solidarität mit ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, sozialen Bewegungen und Menschen anderer Religionen leben können. Gleichzeitig halten wir fest an dem Wunsch, dazu beizutragen, dass Kirche sich verändert und erneuert. Wir wollen christliche Gemeinde sein, und wir möchten die biblische Verheißung der Befreiung von Unrecht, Gewalt und Leid hören, weitersagen und leben, wohl wissend, dass deren Erfüllung nicht in unseren Händen liegt.